Ich bin dein Schatten - Leseprobe

Hannes lächelt, als er die schlanke Gestalt Katharinas um die Ecke biegen sieht. Er wusste, dass sie irgendwann kommen würde. Etwas länger als geplant hatte er warten müssen, doch das war es natürlich wert. Zumindest hatte der Regen vor einer guten Stunde aufgehört, seitdem steht er hier in nasser Kleidung in der Kälte herum. Doch eine andere Möglichkeit hat Hannes nicht, wenn er Katharina sehen will.

Seit er weiß, wo sie wohnt, wartet er immer an derselben Ecke, da sie hier regelmäßig mit ihrem Hund spazieren geht und er von dieser Position aus perfekt Ausschau halten kann, ohne selbst entdeckt zu werden. Besonders jetzt, da es dunkel ist, fühlt er sich nicht genötigt, noch weiter in den Schatten zu treten. Er erkennt schon an Katharinas Bewegungen, dass sie keinen guten Tag hat. Ihre Schritte sind nicht beschwingt, sondern schwermütig und er kämpft mit Mühe gegen das Verlangen an, zu ihr zu laufen und sie nach ihrem Befinden zu fragen. Er wird noch einmal mit ihr reden, aber nicht heute. Ein wenig Zeit muss er ihr noch geben, damit sie ihn vermissen kann.
Vorerst heftet er sich nur unauffällig an ihre Fersen. Er muss mehr Abstand halten als sonst, da die Nacht so still ist, dass ihn jeder falsche Schritt verraten könnte. Trotzdem kommt es für Hannes gar nicht in Frage, ihr nicht zu folgen. Er muss schließlich auf sie aufpassen, besonders jetzt in der Dunkelheit.

Während er hinter Katharina her schleicht, überkommt ihn ein ähnliches Gefühl wie in seinem Computerspiel, wo er den Vampirladies folgen und sie einfangen muss. Wenn sich Katharina nur ebenso leicht einfangen ließe... aber damit würde er sie verschrecken. Und das wäre alles andere als hilfreich, schließlich will er eines Tages mit ihr zusammen sein. Möglichst bald mit ihr zusammen sein.